„Ich wollte schon aufgeben“
Als Behzad Akbari im Jahr 2016 nach Rinteln kam, hatte er große Ziele. Er wollte die Schule besuchen, einen Abschluss machen, einen Beruf erlernen. Seine Realität sah jedoch anders aus. Trotz eines Sprachkurses konnte er dem Unterricht nicht folgen, verließ die Hauptschule schließlich ohne Abschluss und vollkommen demotiviert. „Ich wollte aufgeben, gar nicht mehr zur Schule gehen“, erzählt er. Doch dann kam er in die Berufseinstiegsschule der Berufsbildenden Schulen Rinteln (BBS) – und plötzlich wurde alles anders.
„Dieses Jahr war für mich der erste Schritt, wieder motiviert zu sein“, erzählt der heute 21-Jährige. Er hatte Kontakt zu anderen Schülern, fühlte sich nicht mehr allein und konnte auch dem Unterricht folgen. „Auf der Hauptschule hat der Lehrer etwas erzählt, und ich habe gar nichts verstanden“, beschreibt er. In der Berufseinstiegsschule hingegen fiel es ihm viel leichter, im Unterricht mitzukommen. Er fand neue Motivation, lernte auch außerhalb der Schule und machte stetig Fortschritte. „Ich habe schnell gemerkt: Das ist mein Weg“, beschreibt er.
Behzad, der in Afghanistan geboren wurde und vor seiner Flucht nach Deutschland viele Jahr im Iran gelebt hat, ist mit seinem Werdegang kein Einzelfall. „In der Berufseinstiegsschule haben wir Schüler, die von der allgemeinbildenden Schule enttäuscht sind, die dort aufgegeben wurden“, beschreibt Fabian Stegmann, Abteilungsleiter an der BBS. Es gehe in erster Linie darum, auch diesen schulmüden Schülern wieder Lust auf die Schule zu machen, ihr Selbstbewusstsein zu stärken und ihnen zu zeigen: „Du kannst etwas, du hast Stärken!“ Dafür sei das Lehrer-Team besonders geschult, und es würden mit jedem Schüler Einzelgespräche geführt, um herauszufinden, wie dieser gezielt gefördert werden könne und welche Unterstützung er benötige.
Bei Behzad hat diese Unterstützung kleine Wunder bewirkt: Er schaffte bereits nach einem Jahr seinen Hauptschulabschluss, besuchte danach noch die Berufsfachschule der BBS und macht nun sogar eine Ausbildung zum Verfahrensmechaniker Glastechnik. „Die Arbeit ist toll“, sagt er und versichert: „Ohne die Berufseinstiegsschule hätte ich das nicht geschafft.“
Auch Joshua Reese hat die Berufseinstiegsschule besucht, seine Geschichte ist jedoch eine ganz andere. „Ich bin nicht auf den Kopf gefallen“, sagt der 20-Jährige lachend. Doch auf der allgemeinbildenden Schule hatte er keinen Erfolg. „Ich hatte einfach keinen Bock und war lernfaul“, gibt er offen zu. So verließ er das Gymnasium nach der sechsten Klasse und machte schließlich auf der IGS einen Hauptschulabschluss. „Einen schlechten Hauptschulabschluss“, gibt er unumwunden zu.
Doch er war noch schulpflichtig und so meldeten seine Eltern ihn in der Berufseinstiegsschule an. Und da sah die Sache auf einmal ganz anders aus. Zum ersten Mal machte ihm die Schule Spaß.
„Die Lehrer haben sich für einen eingesetzt – und der Fachpraxisunterricht hat richtig Bock gemacht“, sagt er. Anders als auf der allgemeinbildenden Schule, auf der er immer das Gefühl gehabt habe, sich den Stoff einfach nur „reinquetschen“ zu müssen, habe er auf einmal einen Sinn im Lernen gesehen. „Ich war selber überrascht, doch plötzlich lief es wie von allein.“
Es verbesserte seinen Hauptschulabschluss innerhalb eines Jahres enorm und ist nun bereits im dritten Ausbildungsjahr zum Zerspanungsmechaniker. „Ich bin ohne Plan gekommen und habe die Schule mit einem Plan und einem Ausbildungsplatz verlassen“, fasst er zusammen. „Das Jahr in der Berufseinstiegsschule hat mich vorm Penner-Sein gerettet".
aus: Schaumburger Zeitung vom 06.07.2021